Studiengebühren miterlebt
An meiner Göttinger Fachhochschule gibt es, wie überall in Niedersachsen, seit einiger Zeit die Studiengebühren. Nachdem nun der größte Teil der hitzigen Diskussion darum abgeflaut ist und das ganze einige Zeit läuft möchte ich mal versuchen meine Gedanken dazu zusammenzutragen was sich dadurch verändert hat und wie belastend das ganze System so wie es jetzt ist aus Sicht eines wirtschaftlich nicht so gut gestellten Studenten sein kann.
Als erstes möchte ich sagen das ich keiner bin der diese Idee von anfang an verteufelt hat. Im Gegenteil ist es sogar so das ich es für nicht so schlecht hiel weil ich mir eine Verbesserung meiner Lehre davon versprochen habe. Die FH in Göttingen ist nicht die allerreichste und auch nicht die best technologisierte, was sich für Studenten der Informatik leider auch häufig bemerkbar macht. Rechner werden sehr lange genutzt und sind oft defekt. Alte Entwicklungsumgebungen werden gern ausgiebig genutzt, Studentenlizenzen für teure Software um sich zu Hause weiter mit seinen Projekten zu beschäftigen hat es lange nicht gegeben und so weiter. Beinah das schlimmste ist aber die unerträgliche Personalsituation. Dozenten für den Informatikstudiengang sind nicht oder unzureichend nach Abgängen neu besetzt worden und auch schon vorher war man hier nicht besonders dicht besetzt. Die Folge dessen ist, dass neben den typischen Informatikfächern auch ein ganzer Teil eher elektrotechnischer Fächer belegt werden müssen die auch einigen sicher das "Genick gebrochen" haben weil ihnen diese Dinge nicht so lagen.
Als die Studiengebühren kamen gab es Anlass zur Hoffnung das sich hier einiges ändern würde, denn es hieß das Geld steht der FH zur Selbstverwaltung zur Verfügung. Doch ich muss sagen das sich das bis jetzt nur bedingt bestätigen konnte.
Vorweg vielleicht mal kurz für nicht Studenten wie sich die finanzielle SItuation aufschlüsselt. Es gibt ja nicht nur die viel zitierten Studiengebühren, sondern wie so viele Hochschule hatte auch meine bereits vorher einen so genannten "Semesterbeitrag" erhoben, der in verschiedenen Gremien verpulvert wurde und mit dessen Resten dann gern so "sinnvolle" Dinge wie Partys finanziert wurden. Ich will um gottes Willen keine Partys schlecht machen oder sonst etwas, aber in den Augen von Menschen die sich ihre Gebühren hart von ihrem bischen Geld absparen müssen und keine Unterstützung bekommen und vielleicht am Ende nichtmal an so einer Veranstaltung teilnehmen weil die Fahrt dahin auch wieder Geld kostet ist es für mich ein wenig sarkastisch sich von diesem Geld dann so unsinnige Dinge zu leisten. Aber da snur am Rande. Diese Semestergebühren wurden keineswegs abgeschafft, sondern werden nun auf die Studiengebühr aufgeschlagen und oben drauf kommt inzwischen noch die Gebühr für ein Semesterticket der Bahn mit dem man Nahverkehrszüge in Niedersachsen kostenlos nutzen kann. Für mich persönlich ist es verschenktes Geld, da es in meinem Ort nichtmal einen Bahnhof gibt und selbst wenn dann wäre der Stadtbus nicht mit drin und ich würde wieder selber zahlen. Es gibt sicher STudenten die das exzessiv nutzen können, aber vielleicht wäre eine Kooperation mit der Uni und eine "opt out" Option für Nichtnutzer sinnvoll gewesen. Alles in allem sind wir inzwischen bei rund €700,- pro Semester, also schlappe €1400,- pro Jahr.
Nun wohne ich hier in einem strukturschwachen Gebiet und wenn man wie ich nicht direkt aus Göttingen kommt sind auch Jobs recht rar gesäht und solche die sich mit den Zeiten des Studiums kombinieren lassen noch viel rarer. Einen Job in Göttingen annehmen lohnt leider auch oft nicht da der Sprit inzwischen so teuer ist das bei einer geringen Arbeitsstundenanzahl an vielen Tagen die Woche kaum noch etwas übrig bleibt. Wenn es dann noch keine finanzielle Unterstützung von zu Hause gibt (weil es dort wirtschaftlich evtl. auch nicht so gut ist) und kein BaföG dann hat man extrem schlechte Karten die €1400,- aufzubringen. Zumal es dabei ja auch nicht bleibt, denn bestimmte Ausgaben hat man für das Studium ja auch noch. Für einen Informatiker bedeutet das einen Rechner mit entsprechender Leistung zu haben, ab und an mal ein Buch das man nicht in der Bibliothek bekommt oder das man intensiver nutzen möchte und nicht zu vergessen die Stromrechnung die ein moderner Rechner verursacht. Was ist die Lösung die man sich in der Politik ausgedacht hat? Studienkredite! Hiervon halte ich prinzipiell gar nichts, denn auch wenn die Konditionen noch so gut sind, zinsfrei sind sie nicht und man begibt sich erstmal in eine Schuldensituation. Ein Argument für die Kredite war das ein studierter Mensch in einem gut bezahlten Job diese Kredite leicht wird zurückzahlen können, aber auch für Akademiker gibt es schon lange keine Garantien auf dem Arbeitsmarkt mehr (auch wenn die Chancen sicher nicht schlecht sind), aber das größte Problem sehe ich bei Studenten die es nicht schaffen das Studium zu beenden und abbrechen müssen. Diese Leute haben oft keine Ausbildung und stehen dann nur mit einem abgebrichenen Studium und Kreditschulden da. Sicher keine angenehme Situation und einige dürfte der Gedanke auch vor dem Studium zurückschrecken lassen.
Wenn ich diese finanzielen Dinge dagegen abwäge was bei uns an Verbesserungen passiert ist weiß ich nicht ob es das wirklich wert war. Es gibt ei uns immernoch genügend alte Computer, dazu veraltete Software (z.B. im 3D Bereich), neue Dozenten für meine Fachrichtung sind nicht gekommen. Es hat auch Verbesserungen gegeben und so gibt es jetzt ein Visual Studio umsonst da man einen Vertrag mit Microsoft geschlossen hat. Das ist sicher schön und gut, aber war jetzt vielleicht nicht mehr das aller wichtisgte wo es mit den Express Editionen sowieso kostenlose Alternativen gab. Für Windows, oder Office hingegen hat man keine solchen Lösungen geschaffen was für mich persönlich als Linux Nutzer nicht wirklich schlimm ist, aber ich bin realistisch genug um zu wissen das ich damit eher eine Minderheit representiere. Zuletzt wurde ein Kaffeeautomat angeschafft was eine scöne Sache ist, aber auch nur nötig wurde weil die Cafeteria erst später öffnet um dort Kosten zu sparen. Wirklich positiv ist das komplett neue WLAN was im Moment aufgebaut wird, aber brauchte es hierfür die Studiengeühren? Mehr ist bei mir von den Gebühren bislang nicht angekommen. Es gibt sicher mal nen neuen Beamer hier und da oder mal nen neuen Monitor, aber das sind Dinge die mich in der Qualität der Lehre nicht voran bringen. Stattdessen überwiegen die Nachteile und finanziellen Sorgen die sich mit der Gebühr durchaus realistisch ergeben können. Es gibt genug Studenten die am Ende des Monats kaum mehr genug Geld haben um für den täglichen Bedarf einzukaufen. Wenn hohe Kosten durch Spritpreise hinzukommen sieht es noch schlimmer aus. In so einer Situation kann man direkt nach dem zahlen der letzten Gebühr auf die nächste Sparen und wird das Geld trotzdem kaum aufbringen können. Vielleicht sollte man hier bei der Frage wieso Deutschland so wenig Akademiker hat mal ansetzen.
Falls jetzt der Gedanke aufgekommen ist, ich will die Ausbildung an der FH nicht schlecht reden, ich fühle mich auch nicht schlecht vorbereitet oder ausgebildet, aber wie jede Hochschule hat auch diese hier ihre Schwächen und die konnte oder wollte man durch die Studiengebühren nicht beseitigen und somit ist es in dem Maße wie es momentan betrieben wird für mcih ein gescheitertes Projekt und wird eher zu weniger Absolventen als zu besserem Studium beitragen was eine verschenkte Chance für unsere Generation ist.